Zattomare
 Joachim Strienz · Caracalla und der Schamane

 

 

 

 
 
 
 
 

 

 

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Zattomare

Zattomare ist ein Schamane. Er wollte diese Aufgabe eigentlich nicht übernehmen, aber sein Vater hatte damals alles daran gesetzt, bis er sich dazu bereit erklärt hatte und schließlich sein Schüler wurde.
Er hatte sich zunächst gewehrt, denn diese Verantwortung wollte er nicht übernehmen. Sein Vater hatte monatelang nicht mehr mit ihm gesprochen, ja, ihn nicht einmal mehr angesehen. Diese Verantwortung konnte er aber wirklich nicht übernehmen. Er war ja damals noch so jung gewesen. Das konnte man von ihm nicht verlangen. Er wollte frei sein.
Also zog er mit den Ziegen in die Berge. Er liebte sie und sie liebten ihn. Diese Tiere waren so neugierig, sie beobachteten ständig alles und schauten ihn immer wieder an, als wollten sie sich vergewissern, ob er noch bei ihnen war. Er verstand sie einfach. Irgendwie hatte er eben immer das Gefühl, sie zu verstehen. Immer waren sie um ihn herum. Setzte er sich hin, dann kamen sie zu ihm und leckten sein Gesicht. Es war wie eine Liebkosung. Er nahm sie in den Arm und tätschelte den Kopf. Sie meckerten vor Freude. Es hörte sich oft an wie ein Lachen. Irgendwie bestand eine Wesensverwandtschaft.
Er zog mit ihnen in die Berge und kein Tier ging jemals verloren. Sie kamen immer wieder alle zurück.
Dann kam aber der entscheidende Tag.
Am Morgen war alles noch gut gewesen. Die Sonne ging auf wie immer, aber die Morgenröte zeigte bereits den Wetterumbruch an. Die Weide war hoch oben am Berg. Es war mitten im Sommer, aber das Gras war noch sehr jung. Klar, der Schnee war erst vor einigen Wochen weggetaut und das junge Grün hatte nur wenig Zeit gehabt, um sich zu entwickeln.
Dann zogen aber immer mehr Wolken auf. Niemand dachte sich dabei irgendetwas Besonderes. Aber die Wolken wurden immer dichter und dann war die Sonne plötzlich weg. Ein Gewitter rollte heran. Die Luft wurde schwer. Es wurde richtig dunkel um sie herum. Blitze zuckten plötzlich am Himmel. Alle Ziegen kamen zurück und drängten sich an ihn. Sie fürchteten sich. Er stand in der Mitte. Immer wieder griff er an ein Horn. Er wollte sie beruhigen. Die Tiere schauten ihn an. Sie hatten Angst. Er verstand sie. Sie hatten wirklich jetzt große Angst. Sie spürten die Bedrohung, die jetzt auf sie zukam.
Ständig kamen neue Blitze, immer schneller, die Abstände wurden immer kürzer. Eine Felswand war in der Nähe. Hier konnten sie Schutz suchen. Wieder ein lauter Knall durch den Donner.
Plötzlich wurde es ihm sehr warm am Körper. Eine Unruhe hatte ihn außerdem erfasst. Es war unangenehm und er sah plötzlich alles um ihn herum so verschwommen. Dann war alles weg. Er spürte nichts mehr. Eine Stille trat ein. Ruhe und Stille. Er hatte die Erde verlassen. Sie war bereits hinter ihm. Später meinte er einen Tunnel gesehen zu haben und weiße Gewänder, aber sicher war er sich dabei nicht.
Plötzlich war in seinem Gesicht ein komisches Gefühl. Es war nass und klebrig. Er kannte das. Er wusste aber nicht, was es zu bedeuten hatte. Er hatte die Augen offen und sah jetzt wieder den Himmel, der blau war. Ein paar Schleierwolken konnte er dabei auch sehen.
Etwas schob sich zwischen sein Gesicht und dem Himmel. Es waren verschiedene Bewegungen. Jetzt fixierte er diese Bewegung genauer und er erkannte etwas Vertrautes. Es waren die Ziegen, die sich über ihm bewegten. Immer wieder senkte sich ein Kopf und wischte mit etwas Feuchtem über sein Gesicht. Die Tiere leckten mit ihren Zungen über sein Gesicht. Sie wollte ihn wecken. Die Zungen waren groß, so kam es ihm jedenfalls vor. Er blickte in ihre Augen. Ja, jetzt erkannte er es. Sie waren groß und ängstlich. Irgendetwas war nicht in Ordnung und es hatte mit ihm zu tun. Das war ihm plötzlich klar.
Er lag auf dem Boden, über ihm waren die Ziegen und sie leckten über sein Gesicht. Das wusste er jetzt. Es musste etwas Schlimmes passiert sein. Langsam setzte er sich auf. Es ging. Er konnte sitzen. Alle Ziegen waren um ihn. Sie waren in Aufregung. Sie liefen durcheinander. Er wusste es sofort. Er schaute in die Ferne, der Himmel war noch immer blau. War da nicht ein Gewitter gewesen? Doch, doch! Er erinnerte sich an die Blitze und den Donner. Es blitzte ja auch noch immer in der Ferne.
War er etwa vom Blitz getroffen worden? Er schob die Hose hoch. Es war nichts zu sehen. Das Hemd war aber ganz zerknittert, und er zog es aus. Auf der linken Brustseite war ein schwarzer Fleck. Das Hemd war an dieser Stelle auch verbrannt. Jetzt hatte er Gewissheit. Er musste vom Blitz getroffen worden sein und er hatte überlebt. Ja, er hatte überlebt!
Eine große Dankbarkeit überkam ihn. Er war davon gekommen. Man wollte also, dass er weiterlebte. Aufgaben standen ihm bevor. Er musste sie jetzt übernehmen. Er würde zu seinem Vater gehen und seinen Plänen zustimmen. Er würde sein Nachfolger werden. Es war jetzt so bestimmt. Seine geliebten Ziegen mussten nun ohne ihn auskommen. Er würde sie aber so oft wie möglich besuchen. In Gedanken würde er aber immer bei ihnen sein. Er musste jetzt allerdings andere, wichtigere Aufgaben übernehmen. Er würde der neue Schamane der Selvaner werden.
Und so ist es dann auch gekommen. Der jüngere Bruder übernahm nun die Ziegenherde.
Er war monatelang Schüler seines Vaters gewesen. Er musste noch so viel lernen und der alte Herr wusste so unendlich viel. Es war aber nicht immer einfach mit ihm. Aber von Tag zu Tag ging es besser.
Er lernte leicht. Alle Familien der Gemeinschaft unterstützten ihn. Er würde der neue Schamane werden. Dann kam der Tag der Prüfung. Er musste 2 Wochen lang in der Wildnis überleben. Niemand durfte ihm helfen. Er hatte die Prüfung bestanden. Alle hatten ihm die Hand gereicht.
Er war jetzt der Nachfolger seines Vaters. Er bekam den langen Mantel mit den Metallplättchen und den Bärenkopf. Jetzt war die Verantwortung auf ihn übergegangen. Er war jetzt der neue Schamane.


Caracalla

Der Name „Caracalla“ ist ein Spitzname. Eigentlich heißt er Marcus Aurelius Severus Antonionus. Die Eltern hatten ihn aber immer Bassianus gerufen. Caracalla war der Name eines Kleidungsstücks, das er für die Soldaten eingeführt hatte. Es war der Kapuzenmantel für schlechtes Wetter. Er hatte ihn erstmals in England gesehen. Dort regnete es ja viel. Im Kapuzenmantel blieb man aber lange trocken.
Eigentlich war der Mantel ja eine Erfindung der Kelten gewesen. Den Soldaten hatte der Mantel gut gefallen, denn gleichzeitig gab es eine kräftige Solderhöhung dazu.
Er starb 4 Tage nach seinem 29.Geburtstag genau vor 1800 Jahren in der Türkei. Genauer in Harran. Diese Stadt liegt heute an der syrischen Grenze. Harran ist der Ort, von wo aus Abraham ins heutige Israel, also ins Heilige Land, gezogen ist.
Caracalla starb auf der Toilette. Die persönliche Leibwache hatte rasch an der Straße das Toilettenzelt aufgebaut. Er hatte sich erleichtert niedergelassen, dann stachen sie zu. Seine Leibwache hatte gerade nicht aufgepasst. Es gab für die Verschwörer keine günstigere Gelegenheit als diese. Jetzt hatten sie ihn endlich los. Es war wie eine Befreiung.
Nie war seine Umgebung damals ihres Lebens sicher gewesen. Wenn er wollte, dann konnte er einen nach dem anderen selbst oder durch andere umbringen und dabei war er nicht zimperlich. Immer hatte er Angst, sie führten etwas gegen ihn im Schilde. Sein Misstrauen war grenzenlos. Sein durchdringender Blick. Damit wollte er sie beherrschen.
Dabei hatte er wirklich eine sehr schöne Kindheit gehabt. Seine Eltern hatten ihn und seinen Bruder sehr geliebt. Schon als ganz kleiner Junge durfte er mit seinem Vater überall mitreisen. Sie lebten ja damals noch in Frankreich, in Lyon. Aber der Vater musste dann wieder dienstlich zurück nach Italien und später waren sie dann auch in England gewesen. Das Klima war dort nicht so toll, denn eigentlich liebte er die Sonne und die Wärme. Sein Sternzeichen war Widder und das sagte eigentlich schon alles.
Ihn konnte man so schnell nicht unterkriegen.
Seine Eltern stammten ja überhaupt nicht aus Europa. Eigentlich hatte er ja einen Migrationshintergrund, wie man heute sagen würde. Sein Vater war Nordafrikaner, genauer gesagt, er stammte aus Libyen, und er war Statthalter dieser Provinz gewesen. Seine Mutter war aus Syrien, genauer aus Homs. Aus dieser Stadt kam auch der Vater von Steve Jobs, dem Erfinder des IPhones. Bassianus hieß auch sein Großvater, der Vater seiner Mutter. Er war ein Priester des Sonnengottes gewesen.
Caracallas Mutter war die zweite Frau seines Vaters. Er hatte sie erst dann geheiratet, nachdem er sich von einem Astrologen hatte beraten lassen. Etwa ein Jahr nach seiner Geburt kam sein Bruder Geta zur Welt. Sein Vater hatte ihn, den älteren, immer bevorzugt. Geta war immer der kleine Bruder gewesen. Im Alter von 5 Jahren wurde sein Vater von seinen Soldaten in Ungarn zum Kaiser ausgerufen.
Die Familie lebte damals bereits in Rom. Unverzüglich kam der Vater nach Rom zurück und erhielt dort die Anerkennung zum Kaiser des Römischen Reiches.
Bis zu diesem Zeitpunkt soll Caracalla noch ein normales Kind gewesen sein. Das sagen die Zeitzeugen. Er soll ein freundliches und mitfühlendes Wesen gehabt haben.
Mit der Machtübernahme seines Vaters änderte sich die Situation aber grundlegend. Zunächst erhielt Caracalla einen neuen Namen. Die Familie legitimierte sich durch die fiktive Adoption durch den früheren Kaiser Marc Aurel. Dieser Mann wurde nach seinem Tod zum Gott erklärt.
Der 7jährige Caracalla war nun der Enkel eines Gottes. Im Alter von 8 Jahren wurde er dann auch noch zum Cäsar ernannt. Mit 9 Jahren war er bereits zum Mitkaiser befördert worden. So etwas hatte es in der römischen Geschichte bisher noch nie gegeben.
Dies alles geschah inmitten eines brutalen Bürgerkrieges. Der Vater musste deshalb ständig seinen Standort wechseln. Nur durch Brutalität hatte der Vater seine Stellung überhaupt behaupten können. Er blieb dadurch aber der mächtigste Mann des Reiches.
Der Sieg des Vaters wurde auch sein eigener. Der Vater hatte ihm gezeigt, wie man seine Macht behaupten konnte.
Danach ging der Vater nach Persien, dann nach Syrien und später nach Ägypten. Es waren immer Kriege gegen die dortigen Herrscher und ihre Bevölkerung. Das Machtzentrum lag nun nicht mehr in Rom selbst, sondern immer dort, wo sich der Kaiser gerade aufhielt.
Ein besonders wichtiges Ereignis war der 6monatige Aufenthalt der Familie in Ägypten. Der Vater sollte dort die Getreideversorgung Roms sicherstellen. Die Familie beschäftigte sich mit ägyptischer Mythologie. Auch in der Mode gab es dadurch Veränderungen. Der Vater änderte seine Frisur und die Ausformung seines Bartes.
Dies alles hinterließ bei Caracalla Spuren. Er wurde immer verschlossener und ernster.
Nach Ägypten ging es wieder nach Syrien und Caracalla war nun 13 Jahre alt. Nach damaligem Recht hatte er nun das Ende seiner Kindheit erreicht. Der Vater erklärte ihn nun zum Mann und die Familie kehrte wieder nach Rom zurück.
Die nächste Station war seine Heirat. Eine Frau musste nun für ihn gefunden werden. Sie wurde schließlich auch gefunden, und sie hieß Plautilla. Sie war die Tochter des Befehlshabers einer Eliteeinheit, der Plautianus hieß. Der Mann war sehr mächtig und auch einflussreich.
Als er dann aber zu mächtig wurde, ließ Caracalla ihn später ermorden.
Plautianus stammte ebenfalls aus Nordafrika, wie sein Vater. Beide kamen sogar aus der gleichen Stadt. Plautianus unterstellte Caracallas Mutter einen „unsteten“ Lebenswandel. Sie fühlte sich durch ihn in ein schlechtes Licht gerückt und zog sich deshalb weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück.
Der Vater Caracallas hatte das alles eingefädelt. Plautianus sollte Caracalla zum Kaiser erziehen. Ständig machte er aber Caracalla Vorhaltungen. Diese Aufgabe überforderte ihn.
Irgendwann war das alles Caracalla zu viel. Die Ehe scheiterte. Dann schlug Caracalla zu. Plautianus, sein Schwiegervater, wurde ermordet und seine Kinder, also auch Caracallas Frau, wurden auf eine sizilianische Insel verbannt und später dort ebenfalls ermordet.
Der Plan seines Vaters war also vollständig gescheitert.
Caracalla war damals erst 17 Jahre alt. Das Verhältnis zu seinem jüngeren Bruder Geta war bereits zu dieser Zeit sehr schlecht. Es war von großer Konkurrenz geprägt. Später entwickelte sich ein Kampf um die Nachfolge des Vaters. Der Vater versuchte den Ausgleich. Beide Söhne wurden deshalb zu Konsuln ernannt.
Im Alter von 20 Jahren verließ die kaiserliche Familie Rom in Richtung Britannien. Der Vater war bereits kränkelnd. Er wollte die Söhne dem ausschweifenden Leben in Rom entziehen.
Geta übernahm dort zivile Aufgaben, Caracalla die militärischen zusammen mit seinem Vater. Caracalla versuchte bereits dort die Macht an sich zu reißen. Geta wurde deshalb vom Vater zum Mitkaiser erhoben.
Erstmalig in der Geschichte des Römischen Reiches gab es also drei Kaiser gleichzeitig.
Die Armee hatte den Eid auf alle drei Kaiser abgelegt. Dies alles hatte Caracalla aber damals trotzdem als Niederlage empfunden.
Der Vater starb in York. Caracalla war nun 23 Jahre alt. Der Vater sagte damals auf dem Sterbebett: „Bleibt einträchtig, bereichert die Soldaten und schert euch um all das Andere den Teufel“.
Beide regierten zunächst gemeinsam. Aber beide hatten ständig Angst vor gegenseitigen Attentaten. Eine Reichsteilung wurde in Erwägung gezogen. Sie scheiterte aber am Veto der Mutter.
Dann agierten beide offen gegeneinander. Sie planten gegenseitige Anschläge. Ende Dezember 211 n. Chr. wurde Geta im Beisein der Mutter von Soldaten ermordet. Dabei verletzten sie aber auch die Mutter an der Hand, weil sich Geta auf sie geworfen hatte.
Caracalla sicherte sich nun die Armee. Er versprach eine Solderhöhung. Alle Anhänger Getas und ihre Familien wurden ermordet. Es waren viele Tausende. Keiner durfte mehr den Namen Getas erwähnen. Auch die Mutter nicht.
Weiterhin versuchte Caracalla das Volk mit Wohltaten zu besänftigen. Es gab Zirkus und Gladiatorenspiele, wobei er sich volksnah zeigte und die Zuschauer aus der Arena heraus selbst begrüßte.
Auch eine große Therme wurde errichtet. Indem er den von den Soldaten geschätzten Kapuzenmantel auch ans Volk verteilen ließ, versuchte er alle zu seinen Anhängern zu machen. Diese Maßnahmen verschlangen riesige Geldmittel, die durch Steuererhöhungen und minderwertige Münzen ausgeglichen wurden.
Das größte kaiserliche Geschenk war allerdings die Verleihung des Bürgerrechts an alle freien Reichsbewohner. Dadurch konnten die Steuereinnahmen erhöht werden.
Der Kaiser war jetzt 27 Jahre alt. Seine Rücksichtslosigkeit und seine Brutalität hatten nun einen Höhepunkt erreicht. Nochmals traf er in Ägypten ein und richtete dort ein Blutbad unter den Einwohnern an. Die Bevölkerung bereitet deshalb einen Aufstand vor, der aber von der römischen Armee mit aller Härte niedergeschlagen wurde.
Caracalla wütete weiter. Bei der geplanten Vermählung mit der persischen Königstochter ließ er einen Großteil der ahnungslosen Gäste ermorden. Seine Unberechenbarkeit und Grausamkeit wurde gefürchtet.
All das hinterließ seine Spuren beim Kaiser. Eine seelische Krankheit brach aus und verstärkte sich fortlaufend. Paranoia wurde sie später genannt. Er wurde verfolgt von seinem Vater und seinem ermordeten Bruder. Es wurde immer schlimmer, weshalb er Linderung bei den Heilgöttern Aesculap, Sarapis und Apollo Grannus und ihren Heiligtümern suchte. Zeitweise hielt er sich auch für Alexander den Großen.


Limestor in Dalkingen

Am 11. August 213 n. Chr. überschritten römische Truppen den Limes, um gegen die Barbaren Krieg zu führen. Caracalla war persönlich vor Ort. Seine Reiseroute dorthin ist aber nur eingeschränkt der Nachwelt übermittelt worden.
Er war am 29. Juli von Rom aus aufgebrochen und dann nach Norden gereist. Das Vorhaben war bereits im Frühjahr vorbereitet worden. Auf Grund seiner nervlichen Erkrankung besuchte Caracalla auch zwei keltische Heiligtümer südlich des Limes. Er hoffte auf Heilung. Dort hielt er sich auch auf, als der Feldzug begann. Die heutigen Orte heißen Faimingen, damals Phoebiana genannt, an der Donau und Neuenstadt am Kocher, es hieß damals Civitas Aurelia Granni.
Zu diesem Anlass wurden neue Straßen angelegt. Das Heiligtum in Faimingen wurde extra repräsentativ ausgebaut. Der Ort wurde außerdem mit einer Mauer abgesichert um dem Sicherheitsbedürfnis Caracallas zu entsprechen.
Der Kaiser wechselte dann ins andere Heiligtum nach Neuenstadt am Kocher. Allerdings erst nach dem Feldzug. Der Sieg über die Barbaren fand am Main statt. Im Gebiet des heutigen Schweinfurt. Während das große Heer wieder nach Mainz zurückmarschierte, kam er mit seiner Leibgarde in Neuenstadt an.
Es ging danach auch nicht mit dem Heer zurück zum Rhein, sondern bei Cannstatt über den Neckar zurück an den Limes. Nein, er reiste auch nochmals nach Phoebiana, denn es ging ihm immer noch nicht gut.
Wieder hatte er hinterhältig gefangengenommene germanische Krieger einfach vor ihren Frauen und Kindern von seinen Soldaten töten lassen. Er wollte seine Macht zeigen.
Die Straßen wurden nach dem Feldzug an strategischen Stellen mit Statuen geschmückt. Soldaten dankten für ihre glückliche Rückkehr. Auch die Mutter Caracallas wurde lobend erwähnt.
In Phoebiana empfing er auch Gesandte. Für einige Tage war dort der Mittelpunkt des Reiches. Von dort aus ging es auch nicht nach Rom zurück, sondern die Donau abwärts. Doch bevor er aufbrach, wurde das Limestor zu Ehren des Kaisers fertiggestellt. Es steht heute in Dalkingen.
Östlich der Jagstniederung gab es schon lange eine Öffnung am Limes, nämlich einen einfachen Grenzdurchgang mit einem Wachposten. Dieser Grenzdurchgang wurde während seines Bestehens mehrfach verändert und ausgebaut.
Westlich vom Grenzübergang, nur wenige Kilometer entfernt, stand das Kastell Buch. Dort wurden die Wachsoldaten für den Grenzdurchgang abgestellt. Die erste Bauphase erfolgte über 50 Jahre bevor Caracalla am Limes erschien. Es war das Jahr 161. Ein römischer Bautrupp errichtete entlang der Grenze zunächst nur einen einfachen Flechtwerkzaun. Es war somit ein erstes „Annäherungshindernis“.
Dieser Zaun lag vor der späteren Mauer. Gleichzeitig wurde ein hölzerner Wachturm errichtet. Er hatte eine Größe von 5x5m. Neben dem Wachturm war eine „Schlupfpforte“. Später wurde der hölzerne Wachturm zu einem Steingebäude verändert.
Im Jahr 165, also 5 Jahre später, wurden von der Jagst Eichenstämme zum Limestor transportiert. Der alte Flechtzaun wurde entfernt und durch Holzpalisaden ersetzt. Dabei wurde auch der Platz am Durchgang vergrößert. Auch das Grenzgebäude, das Wachhaus, selbst wurde vergrößert. Es hatte nun eine Größe von etwa 14 Metern. Mehrere Räume befanden sich darin. Es war ein typisches Wachlokal, mit Stuben und der Verwaltung für den Grenzverkehr. Auf dem Gebäude selbst war möglicherweise später auch der Wachturm gestanden.
Kurz nach der Jahrhundertwende mussten die hölzernen Palisaden allerdings schon wieder erneuert werden. In der Zeit von Septimus Severus, Caracallas Vater, wurde der Limes dann in Stein ausgebaut. Das geschah im Jahr 206. Auch das Holzgebäude wurde abgerissen und durch ein Steingebäude ersetzt. Es war etwas kleiner als das Holzgebäude ausgefallen. Die „Schleusenfunktion“ des Vorgängerbauwerkes wurde aber übernommen. Ein Schwellenstein, als Markierung für den exakten Grenzverlauf wurde zusätzlich eingefügt.
Im Jahr 213, als bekannt wurde, dass Caracalla am Limestor erscheinen würde, wurde eine Prunkfassade errichte. Das Limestor stand auf einer Anhöhe und war von weitem gut sichtbar. Seitlich davon befand sich die Grenzanlage, und sie war auch bis zum Horizont hin sichtbar.
Das Tor war jetzt ein repräsentativer Prunkbogen mit einer mittleren Öffnung, mehreren Säulen und Verzierungen.
Schräg davor nach Osten hin stand die überlebensgroße Statue Caracallas auf einem Steinsockel. Auch sie war wegen ihrer Größe weithin sichtbar.
Der Bogen selbst war nur auf der Südseite repräsentativ gestaltet worden. Die Rückseite zum Barbarenland hin war nur einfach gemauert. Der Bogen sollte nur nach Süden seine Wirkung entfalten. Es war ein Triumphalmonument, das den Sieg über die Barbaren symbolisieren sollte.
Vor dem Monument war ein Versammlungsplatz eingerichtet worden. Caracalla sprach hier zu den Soldaten vor dem Feldzug. Auch nach seinem Tod wurde er an diesem Ort von den Soldaten weiter verehrt.
Nach der Ansprach hatte Caracalla mit einem Truppenkontingent den Limes überschritten. Das Hauptheer folgte von verschiedenen Seiten ins Kampfgebiet.
Wer war der Auftraggeber des Prunkbogens? Es war der Statthalter Raetiens Gaius Suetrius Sabinus. Er begleitete den Kaiser beim Feldzug ins Barbarenland. Er war der eigentliche Stratege des Feldzuges gewesen. Aus Dankbarkeit für das Wohlwollen des Kaisers ihm gegenüber ließ er den Prunkbogen errichten.


Paranoia

Paranoia heißt wörtlich aus dem griechischen übersetzt: „neben dem Verstand“, also „verrückt“.
Es ist die Bezeichnung für eine psychische Störung, bei der die Wirklichkeit (Realität) falsch wahrgenommen wird.
Fast immer hat es der Betroffene mit einer feindseligen Haltung von äußeren Kräften zu tun. Zumindest empfindet er es so. Eine Verschwörung gegen ihn ist im Gange.
Das Beschwerdebild ist allerdings vielschichtig. Auf der einen Seite eine übertriebene Empfindlichkeit bei sonst normaler Wahrnehmung der Außenwelt bis hin zur schweren Psychose im Rahmen einer Schizophrenie.
Immer herrscht Misstrauen gegenüber Personen vor. Immer werden Handlungen anderer als feindselig angesehen. Verdächtigungen und Eifersucht sind vorherrschend. Er wird beobachtet und es wird über ihn gesprochen. Immer herrscht eine gefährliche Situation vor. Er muss wachsam sein.
Im Vordergrund steht eine Wahnthematik, die unterschiedlich lange andauern kann. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungen: Liebeswahn, Größenwahn, Eifersuchtswahn, Verfolgungswahn und körperlicher Wahn.
Der Kranke hat das Gefühl verfolgt zu werden und entwickelt dazu Verschwörungstheorien. Er glaubt, dass andere beabsichtigen, ihn zu schädigen, zu betrügen oder gar auch zu töten. Dafür werden immer wieder auch „Beweise“ präsentiert.
Er ist durch nichts von seinen Überzeugungen abzubringen.

 

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