Zattomare
Zattomare ist ein Schamane.
Er wollte diese Aufgabe eigentlich
nicht übernehmen, aber
sein Vater hatte damals alles
daran gesetzt, bis er sich
dazu bereit erklärt hatte
und schließlich sein
Schüler wurde.
Er hatte sich zunächst
gewehrt, denn diese Verantwortung
wollte er nicht übernehmen.
Sein Vater hatte monatelang
nicht mehr mit ihm gesprochen,
ja, ihn nicht einmal mehr
angesehen. Diese Verantwortung
konnte er aber wirklich nicht
übernehmen. Er war ja
damals noch so jung gewesen.
Das konnte man von ihm nicht
verlangen. Er wollte frei
sein.
Also zog er mit den Ziegen
in die Berge. Er liebte sie
und sie liebten ihn. Diese
Tiere waren so neugierig,
sie beobachteten ständig
alles und schauten ihn immer
wieder an, als wollten sie
sich vergewissern, ob er noch
bei ihnen war. Er verstand
sie einfach. Irgendwie hatte
er eben immer das Gefühl,
sie zu verstehen. Immer waren
sie um ihn herum. Setzte er
sich hin, dann kamen sie zu
ihm und leckten sein Gesicht.
Es war wie eine Liebkosung.
Er nahm sie in den Arm und
tätschelte den Kopf.
Sie meckerten vor Freude.
Es hörte sich oft an
wie ein Lachen. Irgendwie
bestand eine Wesensverwandtschaft.
Er zog mit ihnen in die Berge
und kein Tier ging jemals
verloren. Sie kamen immer
wieder alle zurück.
Dann kam aber der entscheidende
Tag.
Am Morgen war alles noch gut
gewesen. Die Sonne ging auf
wie immer, aber die Morgenröte
zeigte bereits den Wetterumbruch
an. Die Weide war hoch oben
am Berg. Es war mitten im
Sommer, aber das Gras war
noch sehr jung. Klar, der
Schnee war erst vor einigen
Wochen weggetaut und das junge
Grün hatte nur wenig
Zeit gehabt, um sich zu entwickeln.
Dann zogen aber immer mehr
Wolken auf. Niemand dachte
sich dabei irgendetwas Besonderes.
Aber die Wolken wurden immer
dichter und dann war die Sonne
plötzlich weg. Ein Gewitter
rollte heran. Die Luft wurde
schwer. Es wurde richtig dunkel
um sie herum. Blitze zuckten
plötzlich am Himmel.
Alle Ziegen kamen zurück
und drängten sich an
ihn. Sie fürchteten sich.
Er stand in der Mitte. Immer
wieder griff er an ein Horn.
Er wollte sie beruhigen. Die
Tiere schauten ihn an. Sie
hatten Angst. Er verstand
sie. Sie hatten wirklich jetzt
große Angst. Sie spürten
die Bedrohung, die jetzt auf
sie zukam.
Ständig kamen neue Blitze,
immer schneller, die Abstände
wurden immer kürzer.
Eine Felswand war in der Nähe.
Hier konnten sie Schutz suchen.
Wieder ein lauter Knall durch
den Donner.
Plötzlich wurde es ihm
sehr warm am Körper.
Eine Unruhe hatte ihn außerdem
erfasst. Es war unangenehm
und er sah plötzlich
alles um ihn herum so verschwommen.
Dann war alles weg. Er spürte
nichts mehr. Eine Stille trat
ein. Ruhe und Stille. Er hatte
die Erde verlassen. Sie war
bereits hinter ihm. Später
meinte er einen Tunnel gesehen
zu haben und weiße Gewänder,
aber sicher war er sich dabei
nicht.
Plötzlich war in seinem
Gesicht ein komisches Gefühl.
Es war nass und klebrig. Er
kannte das. Er wusste aber
nicht, was es zu bedeuten
hatte. Er hatte die Augen
offen und sah jetzt wieder
den Himmel, der blau war.
Ein paar Schleierwolken konnte
er dabei auch sehen.
Etwas schob sich zwischen
sein Gesicht und dem Himmel.
Es waren verschiedene Bewegungen.
Jetzt fixierte er diese Bewegung
genauer und er erkannte etwas
Vertrautes. Es waren die Ziegen,
die sich über ihm bewegten.
Immer wieder senkte sich ein
Kopf und wischte mit etwas
Feuchtem über sein Gesicht.
Die Tiere leckten mit ihren
Zungen über sein Gesicht.
Sie wollte ihn wecken. Die
Zungen waren groß, so
kam es ihm jedenfalls vor.
Er blickte in ihre Augen.
Ja, jetzt erkannte er es.
Sie waren groß und ängstlich.
Irgendetwas war nicht in Ordnung
und es hatte mit ihm zu tun.
Das war ihm plötzlich
klar.
Er lag auf dem Boden, über
ihm waren die Ziegen und sie
leckten über sein Gesicht.
Das wusste er jetzt. Es musste
etwas Schlimmes passiert sein.
Langsam setzte er sich auf.
Es ging. Er konnte sitzen.
Alle Ziegen waren um ihn.
Sie waren in Aufregung. Sie
liefen durcheinander. Er wusste
es sofort. Er schaute in die
Ferne, der Himmel war noch
immer blau. War da nicht ein
Gewitter gewesen? Doch, doch!
Er erinnerte sich an die Blitze
und den Donner. Es blitzte
ja auch noch immer in der
Ferne.
War er etwa vom Blitz getroffen
worden? Er schob die Hose
hoch. Es war nichts zu sehen.
Das Hemd war aber ganz zerknittert,
und er zog es aus. Auf der
linken Brustseite war ein
schwarzer Fleck. Das Hemd
war an dieser Stelle auch
verbrannt. Jetzt hatte er
Gewissheit. Er musste vom
Blitz getroffen worden sein
und er hatte überlebt.
Ja, er hatte überlebt!
Eine große Dankbarkeit
überkam ihn. Er war davon
gekommen. Man wollte also,
dass er weiterlebte. Aufgaben
standen ihm bevor. Er musste
sie jetzt übernehmen.
Er würde zu seinem Vater
gehen und seinen Plänen
zustimmen. Er würde sein
Nachfolger werden. Es war
jetzt so bestimmt. Seine geliebten
Ziegen mussten nun ohne ihn
auskommen. Er würde sie
aber so oft wie möglich
besuchen. In Gedanken würde
er aber immer bei ihnen sein.
Er musste jetzt allerdings
andere, wichtigere Aufgaben
übernehmen. Er würde
der neue Schamane der Selvaner
werden.
Und so ist es dann auch gekommen.
Der jüngere Bruder übernahm
nun die Ziegenherde.
Er war monatelang Schüler
seines Vaters gewesen. Er
musste noch so viel lernen
und der alte Herr wusste so
unendlich viel. Es war aber
nicht immer einfach mit ihm.
Aber von Tag zu Tag ging es
besser.
Er lernte leicht. Alle Familien
der Gemeinschaft unterstützten
ihn. Er würde der neue
Schamane werden. Dann kam
der Tag der Prüfung.
Er musste 2 Wochen lang in
der Wildnis überleben.
Niemand durfte ihm helfen.
Er hatte die Prüfung
bestanden. Alle hatten ihm
die Hand gereicht.
Er war jetzt der Nachfolger
seines Vaters. Er bekam den
langen Mantel mit den Metallplättchen
und den Bärenkopf. Jetzt
war die Verantwortung auf
ihn übergegangen. Er
war jetzt der neue Schamane.
Caracalla
Der Name Caracalla
ist ein Spitzname. Eigentlich
heißt er Marcus Aurelius
Severus Antonionus. Die Eltern
hatten ihn aber immer Bassianus
gerufen. Caracalla war der
Name eines Kleidungsstücks,
das er für die Soldaten
eingeführt hatte. Es
war der Kapuzenmantel für
schlechtes Wetter. Er hatte
ihn erstmals in England gesehen.
Dort regnete es ja viel. Im
Kapuzenmantel blieb man aber
lange trocken.
Eigentlich war der Mantel
ja eine Erfindung der Kelten
gewesen. Den Soldaten hatte
der Mantel gut gefallen, denn
gleichzeitig gab es eine kräftige
Solderhöhung dazu.
Er starb 4 Tage nach seinem
29.Geburtstag genau vor 1800
Jahren in der Türkei.
Genauer in Harran. Diese Stadt
liegt heute an der syrischen
Grenze. Harran ist der Ort,
von wo aus Abraham ins heutige
Israel, also ins Heilige Land,
gezogen ist.
Caracalla starb auf der Toilette.
Die persönliche Leibwache
hatte rasch an der Straße
das Toilettenzelt aufgebaut.
Er hatte sich erleichtert
niedergelassen, dann stachen
sie zu. Seine Leibwache hatte
gerade nicht aufgepasst. Es
gab für die Verschwörer
keine günstigere Gelegenheit
als diese. Jetzt hatten sie
ihn endlich los. Es war wie
eine Befreiung.
Nie war seine Umgebung damals
ihres Lebens sicher gewesen.
Wenn er wollte, dann konnte
er einen nach dem anderen
selbst oder durch andere umbringen
und dabei war er nicht zimperlich.
Immer hatte er Angst, sie
führten etwas gegen ihn
im Schilde. Sein Misstrauen
war grenzenlos. Sein durchdringender
Blick. Damit wollte er sie
beherrschen.
Dabei hatte er wirklich eine
sehr schöne Kindheit
gehabt. Seine Eltern hatten
ihn und seinen Bruder sehr
geliebt. Schon als ganz kleiner
Junge durfte er mit seinem
Vater überall mitreisen.
Sie lebten ja damals noch
in Frankreich, in Lyon. Aber
der Vater musste dann wieder
dienstlich zurück nach
Italien und später waren
sie dann auch in England gewesen.
Das Klima war dort nicht so
toll, denn eigentlich liebte
er die Sonne und die Wärme.
Sein Sternzeichen war Widder
und das sagte eigentlich schon
alles.
Ihn konnte man so schnell
nicht unterkriegen.
Seine Eltern stammten ja überhaupt
nicht aus Europa. Eigentlich
hatte er ja einen Migrationshintergrund,
wie man heute sagen würde.
Sein Vater war Nordafrikaner,
genauer gesagt, er stammte
aus Libyen, und er war Statthalter
dieser Provinz gewesen. Seine
Mutter war aus Syrien, genauer
aus Homs. Aus dieser Stadt
kam auch der Vater von Steve
Jobs, dem Erfinder des IPhones.
Bassianus hieß auch
sein Großvater, der
Vater seiner Mutter. Er war
ein Priester des Sonnengottes
gewesen.
Caracallas Mutter war die
zweite Frau seines Vaters.
Er hatte sie erst dann geheiratet,
nachdem er sich von einem
Astrologen hatte beraten lassen.
Etwa ein Jahr nach seiner
Geburt kam sein Bruder Geta
zur Welt. Sein Vater hatte
ihn, den älteren, immer
bevorzugt. Geta war immer
der kleine Bruder gewesen.
Im Alter von 5 Jahren wurde
sein Vater von seinen Soldaten
in Ungarn zum Kaiser ausgerufen.
Die Familie lebte damals bereits
in Rom. Unverzüglich
kam der Vater nach Rom zurück
und erhielt dort die Anerkennung
zum Kaiser des Römischen
Reiches.
Bis zu diesem Zeitpunkt soll
Caracalla noch ein normales
Kind gewesen sein. Das sagen
die Zeitzeugen. Er soll ein
freundliches und mitfühlendes
Wesen gehabt haben.
Mit der Machtübernahme
seines Vaters änderte
sich die Situation aber grundlegend.
Zunächst erhielt Caracalla
einen neuen Namen. Die Familie
legitimierte sich durch die
fiktive Adoption durch den
früheren Kaiser Marc
Aurel. Dieser Mann wurde nach
seinem Tod zum Gott erklärt.
Der 7jährige Caracalla
war nun der Enkel eines Gottes.
Im Alter von 8 Jahren wurde
er dann auch noch zum Cäsar
ernannt. Mit 9 Jahren war
er bereits zum Mitkaiser befördert
worden. So etwas hatte es
in der römischen Geschichte
bisher noch nie gegeben.
Dies alles geschah inmitten
eines brutalen Bürgerkrieges.
Der Vater musste deshalb ständig
seinen Standort wechseln.
Nur durch Brutalität
hatte der Vater seine Stellung
überhaupt behaupten können.
Er blieb dadurch aber der
mächtigste Mann des Reiches.
Der Sieg des Vaters wurde
auch sein eigener. Der Vater
hatte ihm gezeigt, wie man
seine Macht behaupten konnte.
Danach ging der Vater nach
Persien, dann nach Syrien
und später nach Ägypten.
Es waren immer Kriege gegen
die dortigen Herrscher und
ihre Bevölkerung. Das
Machtzentrum lag nun nicht
mehr in Rom selbst, sondern
immer dort, wo sich der Kaiser
gerade aufhielt.
Ein besonders wichtiges Ereignis
war der 6monatige Aufenthalt
der Familie in Ägypten.
Der Vater sollte dort die
Getreideversorgung Roms sicherstellen.
Die Familie beschäftigte
sich mit ägyptischer
Mythologie. Auch in der Mode
gab es dadurch Veränderungen.
Der Vater änderte seine
Frisur und die Ausformung
seines Bartes.
Dies alles hinterließ
bei Caracalla Spuren. Er wurde
immer verschlossener und ernster.
Nach Ägypten ging es
wieder nach Syrien und Caracalla
war nun 13 Jahre alt. Nach
damaligem Recht hatte er nun
das Ende seiner Kindheit erreicht.
Der Vater erklärte ihn
nun zum Mann und die Familie
kehrte wieder nach Rom zurück.
Die nächste Station war
seine Heirat. Eine Frau musste
nun für ihn gefunden
werden. Sie wurde schließlich
auch gefunden, und sie hieß
Plautilla. Sie war die Tochter
des Befehlshabers einer Eliteeinheit,
der Plautianus hieß.
Der Mann war sehr mächtig
und auch einflussreich.
Als er dann aber zu mächtig
wurde, ließ Caracalla
ihn später ermorden.
Plautianus stammte ebenfalls
aus Nordafrika, wie sein Vater.
Beide kamen sogar aus der
gleichen Stadt. Plautianus
unterstellte Caracallas Mutter
einen unsteten
Lebenswandel. Sie fühlte
sich durch ihn in ein schlechtes
Licht gerückt und zog
sich deshalb weitgehend aus
dem öffentlichen Leben
zurück.
Der Vater Caracallas hatte
das alles eingefädelt.
Plautianus sollte Caracalla
zum Kaiser erziehen. Ständig
machte er aber Caracalla Vorhaltungen.
Diese Aufgabe überforderte
ihn.
Irgendwann war das alles Caracalla
zu viel. Die Ehe scheiterte.
Dann schlug Caracalla zu.
Plautianus, sein Schwiegervater,
wurde ermordet und seine Kinder,
also auch Caracallas Frau,
wurden auf eine sizilianische
Insel verbannt und später
dort ebenfalls ermordet.
Der Plan seines Vaters war
also vollständig gescheitert.
Caracalla war damals erst
17 Jahre alt. Das Verhältnis
zu seinem jüngeren Bruder
Geta war bereits zu dieser
Zeit sehr schlecht. Es war
von großer Konkurrenz
geprägt. Später
entwickelte sich ein Kampf
um die Nachfolge des Vaters.
Der Vater versuchte den Ausgleich.
Beide Söhne wurden deshalb
zu Konsuln ernannt.
Im Alter von 20 Jahren verließ
die kaiserliche Familie Rom
in Richtung Britannien. Der
Vater war bereits kränkelnd.
Er wollte die Söhne dem
ausschweifenden Leben in Rom
entziehen.
Geta übernahm dort zivile
Aufgaben, Caracalla die militärischen
zusammen mit seinem Vater.
Caracalla versuchte bereits
dort die Macht an sich zu
reißen. Geta wurde deshalb
vom Vater zum Mitkaiser erhoben.
Erstmalig in der Geschichte
des Römischen Reiches
gab es also drei Kaiser gleichzeitig.
Die Armee hatte den Eid auf
alle drei Kaiser abgelegt.
Dies alles hatte Caracalla
aber damals trotzdem als Niederlage
empfunden.
Der Vater starb in York. Caracalla
war nun 23 Jahre alt. Der
Vater sagte damals auf dem
Sterbebett: Bleibt einträchtig,
bereichert die Soldaten und
schert euch um all das Andere
den Teufel.
Beide regierten zunächst
gemeinsam. Aber beide hatten
ständig Angst vor gegenseitigen
Attentaten. Eine Reichsteilung
wurde in Erwägung gezogen.
Sie scheiterte aber am Veto
der Mutter.
Dann agierten beide offen
gegeneinander. Sie planten
gegenseitige Anschläge.
Ende Dezember 211 n. Chr.
wurde Geta im Beisein der
Mutter von Soldaten ermordet.
Dabei verletzten sie aber
auch die Mutter an der Hand,
weil sich Geta auf sie geworfen
hatte.
Caracalla sicherte sich nun
die Armee. Er versprach eine
Solderhöhung. Alle Anhänger
Getas und ihre Familien wurden
ermordet. Es waren viele Tausende.
Keiner durfte mehr den Namen
Getas erwähnen. Auch
die Mutter nicht.
Weiterhin versuchte Caracalla
das Volk mit Wohltaten zu
besänftigen. Es gab Zirkus
und Gladiatorenspiele, wobei
er sich volksnah zeigte und
die Zuschauer aus der Arena
heraus selbst begrüßte.
Auch eine große Therme
wurde errichtet. Indem er
den von den Soldaten geschätzten
Kapuzenmantel auch ans Volk
verteilen ließ, versuchte
er alle zu seinen Anhängern
zu machen. Diese Maßnahmen
verschlangen riesige Geldmittel,
die durch Steuererhöhungen
und minderwertige Münzen
ausgeglichen wurden.
Das größte kaiserliche
Geschenk war allerdings die
Verleihung des Bürgerrechts
an alle freien Reichsbewohner.
Dadurch konnten die Steuereinnahmen
erhöht werden.
Der Kaiser war jetzt 27 Jahre
alt. Seine Rücksichtslosigkeit
und seine Brutalität
hatten nun einen Höhepunkt
erreicht. Nochmals traf er
in Ägypten ein und richtete
dort ein Blutbad unter den
Einwohnern an. Die Bevölkerung
bereitet deshalb einen Aufstand
vor, der aber von der römischen
Armee mit aller Härte
niedergeschlagen wurde.
Caracalla wütete weiter.
Bei der geplanten Vermählung
mit der persischen Königstochter
ließ er einen Großteil
der ahnungslosen Gäste
ermorden. Seine Unberechenbarkeit
und Grausamkeit wurde gefürchtet.
All das hinterließ seine
Spuren beim Kaiser. Eine seelische
Krankheit brach aus und verstärkte
sich fortlaufend. Paranoia
wurde sie später genannt.
Er wurde verfolgt von seinem
Vater und seinem ermordeten
Bruder. Es wurde immer schlimmer,
weshalb er Linderung bei den
Heilgöttern Aesculap,
Sarapis und Apollo Grannus
und ihren Heiligtümern
suchte. Zeitweise hielt er
sich auch für Alexander
den Großen.
Limestor in Dalkingen
Am 11. August 213 n. Chr.
überschritten römische
Truppen den Limes, um gegen
die Barbaren Krieg zu führen.
Caracalla war persönlich
vor Ort. Seine Reiseroute
dorthin ist aber nur eingeschränkt
der Nachwelt übermittelt
worden.
Er war am 29. Juli von Rom
aus aufgebrochen und dann
nach Norden gereist. Das Vorhaben
war bereits im Frühjahr
vorbereitet worden. Auf Grund
seiner nervlichen Erkrankung
besuchte Caracalla auch zwei
keltische Heiligtümer
südlich des Limes. Er
hoffte auf Heilung. Dort hielt
er sich auch auf, als der
Feldzug begann. Die heutigen
Orte heißen Faimingen,
damals Phoebiana genannt,
an der Donau und Neuenstadt
am Kocher, es hieß damals
Civitas Aurelia Granni.
Zu diesem Anlass wurden neue
Straßen angelegt. Das
Heiligtum in Faimingen wurde
extra repräsentativ ausgebaut.
Der Ort wurde außerdem
mit einer Mauer abgesichert
um dem Sicherheitsbedürfnis
Caracallas zu entsprechen.
Der Kaiser wechselte dann
ins andere Heiligtum nach
Neuenstadt am Kocher. Allerdings
erst nach dem Feldzug. Der
Sieg über die Barbaren
fand am Main statt. Im Gebiet
des heutigen Schweinfurt.
Während das große
Heer wieder nach Mainz zurückmarschierte,
kam er mit seiner Leibgarde
in Neuenstadt an.
Es ging danach auch nicht
mit dem Heer zurück zum
Rhein, sondern bei Cannstatt
über den Neckar zurück
an den Limes. Nein, er reiste
auch nochmals nach Phoebiana,
denn es ging ihm immer noch
nicht gut.
Wieder hatte er hinterhältig
gefangengenommene germanische
Krieger einfach vor ihren
Frauen und Kindern von seinen
Soldaten töten lassen.
Er wollte seine Macht zeigen.
Die Straßen wurden nach
dem Feldzug an strategischen
Stellen mit Statuen geschmückt.
Soldaten dankten für
ihre glückliche Rückkehr.
Auch die Mutter Caracallas
wurde lobend erwähnt.
In Phoebiana empfing er auch
Gesandte. Für einige
Tage war dort der Mittelpunkt
des Reiches. Von dort aus
ging es auch nicht nach Rom
zurück, sondern die Donau
abwärts. Doch bevor er
aufbrach, wurde das Limestor
zu Ehren des Kaisers fertiggestellt.
Es steht heute in Dalkingen.
Östlich der Jagstniederung
gab es schon lange eine Öffnung
am Limes, nämlich einen
einfachen Grenzdurchgang mit
einem Wachposten. Dieser Grenzdurchgang
wurde während seines
Bestehens mehrfach verändert
und ausgebaut.
Westlich vom Grenzübergang,
nur wenige Kilometer entfernt,
stand das Kastell Buch. Dort
wurden die Wachsoldaten für
den Grenzdurchgang abgestellt.
Die erste Bauphase erfolgte
über 50 Jahre bevor Caracalla
am Limes erschien. Es war
das Jahr 161. Ein römischer
Bautrupp errichtete entlang
der Grenze zunächst nur
einen einfachen Flechtwerkzaun.
Es war somit ein erstes Annäherungshindernis.
Dieser Zaun lag vor der späteren
Mauer. Gleichzeitig wurde
ein hölzerner Wachturm
errichtet. Er hatte eine Größe
von 5x5m. Neben dem Wachturm
war eine Schlupfpforte.
Später wurde der hölzerne
Wachturm zu einem Steingebäude
verändert.
Im Jahr 165, also 5 Jahre
später, wurden von der
Jagst Eichenstämme zum
Limestor transportiert. Der
alte Flechtzaun wurde entfernt
und durch Holzpalisaden ersetzt.
Dabei wurde auch der Platz
am Durchgang vergrößert.
Auch das Grenzgebäude,
das Wachhaus, selbst wurde
vergrößert. Es
hatte nun eine Größe
von etwa 14 Metern. Mehrere
Räume befanden sich darin.
Es war ein typisches Wachlokal,
mit Stuben und der Verwaltung
für den Grenzverkehr.
Auf dem Gebäude selbst
war möglicherweise später
auch der Wachturm gestanden.
Kurz nach der Jahrhundertwende
mussten die hölzernen
Palisaden allerdings schon
wieder erneuert werden. In
der Zeit von Septimus Severus,
Caracallas Vater, wurde der
Limes dann in Stein ausgebaut.
Das geschah im Jahr 206. Auch
das Holzgebäude wurde
abgerissen und durch ein Steingebäude
ersetzt. Es war etwas kleiner
als das Holzgebäude ausgefallen.
Die Schleusenfunktion
des Vorgängerbauwerkes
wurde aber übernommen.
Ein Schwellenstein, als Markierung
für den exakten Grenzverlauf
wurde zusätzlich eingefügt.
Im Jahr 213, als bekannt wurde,
dass Caracalla am Limestor
erscheinen würde, wurde
eine Prunkfassade errichte.
Das Limestor stand auf einer
Anhöhe und war von weitem
gut sichtbar. Seitlich davon
befand sich die Grenzanlage,
und sie war auch bis zum Horizont
hin sichtbar.
Das Tor war jetzt ein repräsentativer
Prunkbogen mit einer mittleren
Öffnung, mehreren Säulen
und Verzierungen.
Schräg davor nach Osten
hin stand die überlebensgroße
Statue Caracallas auf einem
Steinsockel. Auch sie war
wegen ihrer Größe
weithin sichtbar.
Der Bogen selbst war nur auf
der Südseite repräsentativ
gestaltet worden. Die Rückseite
zum Barbarenland hin war nur
einfach gemauert. Der Bogen
sollte nur nach Süden
seine Wirkung entfalten. Es
war ein Triumphalmonument,
das den Sieg über die
Barbaren symbolisieren sollte.
Vor dem Monument war ein Versammlungsplatz
eingerichtet worden. Caracalla
sprach hier zu den Soldaten
vor dem Feldzug. Auch nach
seinem Tod wurde er an diesem
Ort von den Soldaten weiter
verehrt.
Nach der Ansprach hatte Caracalla
mit einem Truppenkontingent
den Limes überschritten.
Das Hauptheer folgte von verschiedenen
Seiten ins Kampfgebiet.
Wer war der Auftraggeber des
Prunkbogens? Es war der Statthalter
Raetiens Gaius Suetrius Sabinus.
Er begleitete den Kaiser beim
Feldzug ins Barbarenland.
Er war der eigentliche Stratege
des Feldzuges gewesen. Aus
Dankbarkeit für das Wohlwollen
des Kaisers ihm gegenüber
ließ er den Prunkbogen
errichten.
Paranoia
Paranoia heißt wörtlich
aus dem griechischen übersetzt:
neben dem Verstand,
also verrückt.
Es ist die Bezeichnung für
eine psychische Störung,
bei der die Wirklichkeit (Realität)
falsch wahrgenommen wird.
Fast immer hat es der Betroffene
mit einer feindseligen Haltung
von äußeren Kräften
zu tun. Zumindest empfindet
er es so. Eine Verschwörung
gegen ihn ist im Gange.
Das Beschwerdebild ist allerdings
vielschichtig. Auf der einen
Seite eine übertriebene
Empfindlichkeit bei sonst
normaler Wahrnehmung der Außenwelt
bis hin zur schweren Psychose
im Rahmen einer Schizophrenie.
Immer herrscht Misstrauen
gegenüber Personen vor.
Immer werden Handlungen anderer
als feindselig angesehen.
Verdächtigungen und Eifersucht
sind vorherrschend. Er wird
beobachtet und es wird über
ihn gesprochen. Immer herrscht
eine gefährliche Situation
vor. Er muss wachsam sein.
Im Vordergrund steht eine
Wahnthematik, die unterschiedlich
lange andauern kann. Dabei
gibt es verschiedene Ausprägungen:
Liebeswahn, Größenwahn,
Eifersuchtswahn, Verfolgungswahn
und körperlicher Wahn.
Der Kranke hat das Gefühl
verfolgt zu werden und entwickelt
dazu Verschwörungstheorien.
Er glaubt, dass andere beabsichtigen,
ihn zu schädigen, zu
betrügen oder gar auch
zu töten. Dafür
werden immer wieder auch Beweise
präsentiert.
Er ist durch nichts von seinen
Überzeugungen abzubringen.
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